Die Bedeutung der KI für die Brustkrebs-Früherkennung - ein Ausblick
Ein Interview mit Prof. Dr. med. Karl Werner Fritz Schäfer,
Leiter des Mammazentums des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein
Frage: Das ist also auch einer der Gründe dafür, warum die traditionelle 2D-Mammografie nicht mehr ausreichend ist?
Prof. Schäfer: Der Punkt im Mammografie-Screening haben wir 2D-Mammografie und die Limitation "dichte Brust", das spielt dort eine große Rolle. Und wir fragen uns immer, wie können wir die dichte Brust sicherer beurteilen? Wir haben verschiedene Ansatzpunkte. Ultraschallergänzung ist aber im nationalen Mammografie-Screening nicht vorgesehen und auch bis auf weiteres wird es kein Bestandteil meines Wissens sein. Der zweite Punkt ist, können wir zum Beispiel mit der 3D-Tomosynthese eine verbesserte, eine sicherere Diagnostik erreichen. Ja, das können wir und die 3D-Tomosynthese ist ja auch schon Bestandteil im Abklärungssetting, im Mammografie-Screening, aber noch nicht der Bestandteil in der normalen Screening-Situation. Das heißt, das wäre aus meiner Sicht wünschenswert, dass wir jetzt möglichst schnell - die Daten sind erdrückend gut - möglichst schnell den Frauen das Angebot machen können, mit 3D-Tomosynthese zu untersuchen, weil wir die Vorteile sehen, bei der dichten Brust mehr Karzinome zu erkennen. Wir haben die ToSyMa-Studie aus Deutschland 2022 in Lancet Oncology veröffentlicht, die zeigt, dass wir durch den Einsatz der 3D-Tomosynthese im Vergleich zur 2D-Mammografie 48 Prozent mehr Karzinome erkennen können. Und das ist wirklich viel. Die Inzidenz kann oder einfach, wir haben eine größere Chance, dadurch mehr Karzinome zu entdecken, bei der dichten Brust.
Frage: Ist die Einbindung von KI in die Buskrebsdiagnostik der nächste entscheidende Fortschritt?
Prof. Schäfer: Was sehen wir am Horizont? KI, allumfassend KI. Und vielleicht wird es bei der Einen oder Anderen etwas Sorge hervorrufen, jetzt auch noch künstliche Intelligenz bei der Untersuchung meiner Brust. Ich finde diese Angst kann man sehr gut den Patientinnen nehmen. Für mich ist es ein zusätzliches Tool, eine Möglichkeit noch sicherer zu werden in der Brustkrebsdiagnostik. Also wirklich eine Chance für uns und es wird immer dabeibleiben, dass der Erstbefunder bestehen bleibt. Also ein gut ausgebildeter Radiologe oder Senologe ist der Erstbefunder und die KI wird dazukommen und sie wird uns unterstützen und tut es jetzt schon.
Frage: Welche Vorteile hat der Einsatz von KI in der Befundung für die Arztpraxis, für die Abläufe, sowohl für den Arzt als auch für medizinisches Fachpersonal?
Prof. Schäfer: KI hat ja noch ganz andere Möglichkeiten, wenn wir schauen, Workflow. Wie können wir durch KI unsere Arbeitsabläufe vielleicht optimieren? KI kann uns zum Beispiel helfen im Screening. Wir müssen die Frauen, die gesund sind, sicher erkennen. Und wenn KI das sicher kann, ist das wunderbar. Das sichert uns dann mehr Zeit für die Fälle, die kompliziert sind, wo auffällige Befunde sind, wo wir uns weiter Gedanken machen müssen. Der andere Punkt ist aber auch, wenn wir Möglichkeiten haben, zum Beispiel, was die 3D-Tomosynthese angeht, dass wir die vielen Einzelschichten, manchmal 80 oder 100 Einzelschichten einer Brust, durch KI komprimieren können auf 20 oder 30 Schichten. Das heißt, unsere Zeit, die wir brauchen, einen Befund zu erstellen, die geht deutlich zurück. Also das ist ein wirklicher Vorteil, der auch in Praxisabläufen dann eine große Rolle spielen wird.
Frage: Kann medizinisches Fachpersonal bei Einsatz von KI generell weitere Aufgaben übernehmen und kann KI auch MTRAs unterstützen?
Prof. Schäfer: KI kann nicht nur den Ärzten helfen, KI kann natürlich auch den MTRAs, den MFAs helfen und zwar stellen sie sich vor, die Mammografie-Aufnahme wird erstellt. Das ist immer die Frage, ist die Positionierung adäquat, ist die Kompression adäquat, ist alles entsprechend erfasst. Diese ganzen Parameter kann natürlich auch KI erfassen. Da ist auch noch ein bisschen Arbeit zu tun, aber auch diese Möglichkeiten wird es geben, um den Workflow auch für die MTRAs zu optimieren. Also auch da wirklicher Benefit durch die KI möglich.
Frage: Wie könnte die Zukunft der Brustkrebs-Früherkennung aussehen?
Prof Schäfer: Wir haben die Problemstellungen zum Beispiel dichte Brust. Die haben wir sowohl in kurativen Settings, die haben wir auf der anderen Seite aber auch im Mammografie-Screening. Eine wünschenswerte Antwort wäre flächendeckender Einsatz im Mammografie-Screening ebenso wie in der Kuration. Der andere Punkt ist der, ich gehe davon aus, dass wir eine erhebliche Unterstützung durch die künstliche Intelligenz erfahren und dass wir dadurch noch genauer werden, dass wir noch zielgerichteter untersuchen können, dass wir auch Ressourcen in unserem wirklich engen Gesundheitssystem freisetzen können. Und der dritte Punkt ist, auch natürlich von den Institutionen und auch von der Gesundheitspolitik würde ich mir wünschen, dass wir Unterstützung erfahren, bei der Implementierung und bei dem Fortschritt mit künstlicher Intelligenz einfach weiterzukommen.
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